081 645 11 11 info@tennahospiz.ch

ruinaulta, 20. Januar 2017:

In Tenna soll ein Hospiz entstehen. Die Idee hat der Verein Tenna Hospiz ins Leben gerufen. Wir haben uns mit dessen Präsidenten Othmar F. Arnold unterhalten.

Judith Sacchi

“Ruinaulta”: Verein Tenna Hospiz:  Wann wurde der Verein gegründet und wer steht dahinter?

Die Idee für eine Pflegeeinrichtung im Safiental gibt es schon länger. Die Gemeinde hat 2015 im Kommunalen Richtplan beschlossen, Voraussetzungen zu schaffen für eine soziale Wohn- und Pflegeeinrichtung. Im Dezember 2016 wurde der Verein Tenna Hospiz mit dem Zweck, eine stationäre Pflegeeinrichtung im Safiental zu planen und zu realisieren, gegründet.

Das Hospiz ist ein persönliches Anliegen meinerseits, das aus der gelebten Erfahrung von Pflegearbeit und Sterbebegleitung als Pflegefachperson bei der Spitex Foppa erwuchs. Ich habe immer wieder erlebt, dass Menschen, die hier in diesen Talschaften tiefst verwurzelt sind, in ihrer letzten Lebensphase verlegt werden mussten. Dazu gibt es verschiedene Gründe: Bauliche Hindernisse, der Verlust von Angehörigen und derer Unterstützung, Angst vor dem Sterben, medizinische Indikationen und die Hilflosigkeit damit um zu gehen in abgelegenen Orten, und so weiter. Ich habe aber auch wiederholt erlebt, wie Menschen in Frieden sterben können, wenn sie und ihre pflegenden Angehörigen zu Hause, in ihrer vertrauten Umgebung, mit Palliative Care ganzheitlich unterstützt werden.

Wie der Name schon sagt, plant der Verein ein Hospiz: wo in Tenna  soll es entstehen und warum gerade Tenna?

Der Name “Hospiz” weckt ja verschiedenste Assoziationen. Früher war das eine Herberge auf einem Pass, wo der müde Wanderer auf steinigem Weg mit offenen Armen empfangen wurde. Es gab auch ein weiches Bett und eine warme Mahlzeit. Tenna reflektiert diese Bilder.

Noch hat der Verein keine konkrete Liegenschaft gesichert. Wir haben verschiedene Häuser identifiziert, die geeignet sind für den Um- und Ausbau, und sind mit den Eigentümern im Gespräch. Wir bevorzugen die Fraktion Mitte in Tenna weil es sonnig und “zentral” gelegen ist (innerhalb der Gemeinde Safiental), und weil hier einige Zentrumsfunktionen gebündelt vorhanden sind. Ich denke da an einen Dorfladen, Postagentur, Restaurant, Kirche, Schule, und Postauto Verbindungen in alle Richtungen innerhalb der Gemeinde und in die grosse weite Welt.

Ein Hospiz im Safiental – sind die Leute bereit dafür?

Das wird sich zeigen. Der schönste und vertrauteste Ort ist nach wie vor das Zuhause. Jemand der ein Leben lang auf einem bestimmten Fleck Erde gelebt hat, wird schwer zu verpflanzen sein. Doch die Resonanz unter der Talbevölkerung auf das Projekt ist sehr positiv; es gibt auch schon inoffizielle “Anmeldungen”: Menschen die finden, dass das etwas sei was für sie in Frage käme. Bis jetzt sind die Leute, die pflegebedürftig wurden und deren familiäres Netzwerk zu stark belastet wurde, nach Thusis oder Ilanz ins Heim verlegt worden. Das ist auch immer eine Belastung für die Zurückgebliebenen. Zum Glück sind heute die öffentlichen Verbindungen nach Ilanz stark verbessert mit den direkten Postauto Kursen.

Es soll eine Trägerschaft für das Vorhaben gebildet werden – gibt es dafür bereits konkrete Zusagen?

Ja, wir hatten substantielles Startkapital noch bevor der Verein ein eigenes Konto eröffnen konnte. Mit der Freischaltung der Webseite tennahospiz.ch haben sich weitere Interessenten gemeldet, die das Projekt auch finanziell unterstützen möchten. Je konkreter die Planung voranschreitet, desto einfacher wird es sein, weitere Gönner und Investoren an zu sprechen. Im Moment verkauft der Verein Lebkuchen, um einen sanften Platz zum Sterben zu ermöglichen.

Ich möchte hier betonen, dass das Projekt privat getragen wird. Das Projekt ist konzipiert als Senioren-Wohngemeinschaft, und nicht als Heim. Damit ist es nicht beitragsberechtigt durch die öffentliche Hand. Es untersteht somit einem anderen Bewilligungs- und Anerkennungsverfahren.

Wird das Hospiz nur Leuten aus dem Safiental zur Verfügung stehen?

In erster Linie soll die Pflegeeinrichtung die Menschen im Safiental ansprechen. Deshalb planen wir auch nicht eine Institution mit 100 Betten, sondern eine Wohngemeinschaft mit wenigen Pflegeplätzen. Doch der Verein ist auch offen, Ferienbetten und Pflegeplätze an Menschen ausserhalb der Gemeinde an zu bieten wenn die Kapazitäten nicht voll ausgelastet sind. Es gibt in der Schweiz auch einen Bedarf an Ferienplätzen wo Menschen mit komplexen Pflegebedürfnissen jeden Alters gemeinsam mit ihren Angehörigen in der Urlaub gehen können, ohne die pflegenden Angehörigen zusätzlich zu strapazieren.

Spricht man von einem Hospiz – ist da auch in jedem Fall Sterbehilfe eine Option?

Gemäss unserer Zielen geht es mit dem Hospiz Projekt um den würdigen Umgang mit dem Mitmenschen. Es ist ein Angebot, “zwischen Heim und Daheim”, das es Menschen jeden Alters ermöglichen soll, in Würde bis zuletzt zu leben und dann in Frieden sterben zu dürfen. Unsere Kompetenz ist in Palliative Care, palliativer Pflege, und Seelsorge. Das heisst, es geht darum, einen Mitmenschen und seine Angehörigen in der Phase gegen Ende des Lebens zu begleiten. Unser Ziel ist es auch für Menschen, die mit katastrophaler Krankheit leben, ein gutes Leben (z.B. selbstbestimmt und frei von belastenden Symptomen) zu ermöglichen, wo Ängsten und Nöten im Spirituellen begegnet wird.

Die internationale Forschung zeigt, dass der Wunsch nach Sterbehilfe in einem Umfeld, wo die Menschlichkeit bestimmend und sinn-stiftend ist, gegen Null geht.

Wäre das für den Kanton ein Novum oder gibt es auch anderen Orten solche Einrichtungen?

Es gibt gemäss meinen Recherchen in der Schweiz ein einziges, funktionierendes Vorbild: Das Antonius Hospiz in Hurden SZ ist ähnlich strukturiert. L’Arche, eine weltweite Bewegung für Leute die mit Behinderungen leben, verkörpert auch das Prinzip der Pflege-Wohngemeinschaft.

Am kommenden Sonntag, 22. Januar, findet im “Alpenblick” in Tenna eine Infoveranstaltung zum Verein und dessen Vorhaben statt. Wer soll an dieser Veranstaltung teilnehmen?

Eingeladen ist die ganze Talbevölkerung. Wir haben auch die Verantwortlichen von kantonalen Stellen und künftigen Partnerorganisationen in der Region Surselva eingeladen.

Ruinaulta Interview als pdf