Nein, das ist keine neue Fernseh-Doku!
Ich durfte Ende Januar 2025 einige Tage als helfender Gast in der Wohngemeinschaft des Hospiz in Tenna verbringen.
Selber Seniorin und interessiert an alternativen Wohnformen im Alter, aber ohne einschlägige berufliche Erfahrung, liess ich mich vor Ort überraschen.
Um es vorweg zu nehmen: ich konnte mir nicht vorstellen, dass fünf betagte Menschen zwischen 80 und 99, alle mit beachtlichen gesundheitlichen Defiziten, so zufrieden und aufgestellt zusammenleben können.
Woran könnte das liegen?
Meine Beobachtungen:
- Das Leben im Safiental, früher und heute, ist häufig Gesprächsstoff.
- Der Lift wird nur benutzt, wenn das Treppensteigen absolut unmöglich ist (Rollstuhl).
- Die Geschirrwaschmaschine ist die ganze Woche nicht in Betrieb. Es hilft, wer kann und will. Ich musste nie alleine abwaschen.
- Die frisch verschneite Landschaft wird beachtet, kommentiert und macht Freude.
- Gesundheitliche Probleme, eigene und die anderer, sind kein Thema.
- Keine Türe ins und im Haus ist abgeschlossen.
- In der grossen Stube wird gegessen, geplaudert, gespielt, gestrickt im bequemen Lehnstuhl, Zeitung gelesen, ausgeruht auf der Liege am Fenster, Gäste des öffentlichen Cafés gehen ein und aus, Besucher werden empfangen…
- Die kleine Stube mit Fernseher, ein Rückzugsort, wird nie benutzt.
- Man erscheint zum Frühstück wenn und wann man mag. Mittag- und Abendessen werden immer gemeinsam eingenommen
- Es gibt keine Medikamente und keine medizinischen Utensilien in der grossen Stube.
- Alle sind offen für echte Begegnung mit „Fremden“, auch mit mir.
- Wer kann macht mehrmals am Tag, eine Runde im Dorf.
- Es wird sehr viel gelacht – nie auf Kosten anderer.
- Othmar als sorgender Mitbewohner ist allgegenwärtig, er kümmert sich um alle Belange in der Pflege und im Betrieb.
- Besuch ist immer auch Besuch für alle.
- Friedliches und tolerantes Zusammensein mit den Gästen des Cafés in der grossen Stube. Auch diese fühlen sich wohl und bleiben oft lange sitzen.
Kopieren kann man die Wohngemeinschaft im Hospiz in Tenna nicht. Aber ich bin überzeugt, dass sie wegweisend für die Entwicklung anderer Projekte sein könnte.
Ich möchte der Wohngemeinschaft danken, dass sie mir einen unmittelbaren Einblick in ihr Zusammenleben ermöglichte.
Edith Brunner Gauglhofer
Danke für diesen Bericht
Motiviert sich auch mal in so eine Erfahrung zu stürzen