„Der Kanton Graubünden braucht keine zusätzlichen Pflegebetten“ war einer der ersten Kommentare von offizieller Seite zum vorgeschlagenen Modell Tenna Hospiz. Die Infrastruktur, um Leute zu versorgen, die es zu Hause nicht mehr schaffen, ist voll ausgebaut, aber nicht voll ausgelastet. Pech für die Angehörigen aus dem Safiental, wenn das nächste freie Bett im Unterengadin liegt!
Der Verein Tenna Hospiz verfolgt seit seiner Gründung das Ziel, pflegegerechten Wohnraum zu schaffen für eine Wohngemeinschaft. Damit werden nicht einfach ‚Betten‘ geschaffen, in denen man alte und gebrechliche Menschen versorgt oder behandelt; sondern es besteht die Möglichkeit, Menschen in ihrem letzten Lebensabschnitt und ihre Angehörigen zu unterstützen. Das Ziel ist, ein würdiges, auch selbstbestimmtes Leben, bis zuletzt und ein friedliches Sterben in einer Umgebung, die einem vertraut ist.
Die Sendung SRF Puls hat sich am 31. Oktober 2019 mit der Thematik auseinander gesetzt „wo finden Betreuende Entlastung“. Tatsache ist in der Schweiz, dass die meisten Betreuung- und Pflegeleistungen zu Hause von Angehörigen geleistet werden. Und dies meist ohne Entschädigung. Das ist auch in der Walser Kultur des Safientals noch selbstverständlich. Der Wunsch so vieler Menschen, im eigenen Zuhause alt zu werden und zu sterben wird ermöglicht durch pflegende Angehörige, Freunde, und Nachbarn.
Ambulante Dienste sind wertvoll, aber immer punktuell im Einsatz. Sie sind hoch spezialisiert, was einem normalen Leben nicht entspricht: Im Leben ist alles miteinander verbunden. Das Leben lebt ganzheitlich. Deshalb ist die Erfahrung vieler Betroffener und derer Angehörigen, dass die Unterstützung von aussen verwirrend sein kann und dass es an Koordination fehlt.
An vier Tagen schaut morgens die Spitex vorbei. Die ist jedoch ausschliesslich für die Pflege zuständig. Betreuungsaufgaben übernimmt sie nicht. Dennoch, eine gewaltige Entlastung: «Die Spitex nimmt Ursula aus dem Bett, duscht sie, zieht sie an», erklärt Ernst Hofer. «Erst habe ich gemeint, es gehe auch ohne. Aber nun möchte ich darauf nicht mehr verzichten.» (Ernst Hofer/SRF Puls)
Mit gut organisierter und koordinierter Betreuung und Entlastung für betreuende Angehörige liesse sich nicht nur viel menschliches Leid verhindern, sondern auch viel Geld sparen. Mit anderen Worten: „Bessere Unterstützung wäre billiger“, so das Fazit der Sendung Puls.
Heute schon ist die Geschäftsstelle des Vereins Tenna Hospiz lokal zur Anlaufstelle geworden für alternde Menschen und deren Angehöriger. Es braucht oft nur die Gewissheit, dass jemand da ist, der zuhört und den man um Rat fragen kann, der Auskunft geben kann – der vor allem koordinierend wirkt – wenn die Auseinandersetzung mit den sich ändernden Lebensumständen im Altern und am Lebensende verwirrlich wird.
Die Hauptaufgabe des Vereins Tenna Hospiz ist die Vollendung des Projektes „Alte Sennerei“. Doch das Gebäude ist nur eine Hülle für innovative Ideen: Die Wohngemeinschaft wird da sein, wenn es zu Hause nicht mehr geht. Die Expertise wird aber auch da sein, solange es zu Hause noch geht. Und die pflegenden Angehörigen sollen Unterstützung und Entlastung finden, bevor der Tag kommt, wo es zu Hause zu schwierig wird.
Damit lassen sich Kosten sparen. Für die Familien, die Betroffenen, die Versicherer und die öffentliche Hand. Der Beitrag von SRF Puls zeigt, dass die teuerste Lösung immer der Notfall und die Überweisung in eine medizinische Institution ist.
«Heute ist von einer ‹doppelten Alterung› in der Schweiz die Rede. Das heisst, immer mehr Leute werden immer älter und älter», erklärt Knöpfel. «Die Betreuung von Angehörigen ist also keine Sache von einigen Wochen oder Monaten, sondern eher von vielen Jahren.»
Je besser die Betreuenden entlastet werden, desto besser die Aussicht, dass sie dieser Aufgabe gewachsen bleiben, «idealerweise bis zum Tod der betreuten Person.»
Sprich: Mit gut organisierter Betreuung und Entlastung liesse sich nicht nur viel menschliches Leid verhindern, sondern auch viel Geld sparen.
(Carlo Knöpfel/SRF Puls)