El giaiva sur la Fuorcla dal Ormas – Er ging über den Pass der Seelen.
Gian Pedretti hat sich am Himmelfahrtstag 2025 aufgemacht: er hat die Wohngemeinschaft Alte Sennerei für den letzten Lebensabschnitt verlassen und hat seine Grosse Reise angetreten.
Wir nehmen nun alle Abschied von einem Mann, der unsere Gemeinschaft bereicherte – als Mensch, als Künstler, als Geschichtenerzähler. Er, der geboren wurde in eine Welt, die uns schon so fern ist (z.B. als im Engadin den aufkommenden Motorfahrzeugen noch Pferde vorgespannt wurden). Er, der mit bekannten Künstlern, wie Alberto Giacometti, einen regen Austausch pflegte um seinen eigenen Weg als Bildhauer und Maler zu finden. Er, der mit grossen Verlusten im Leben konfrontiert war (sein Elternhaus und das Atelier seines Vaters Turo Pedretti wurden 1951 von einer Lawine zerstört – die Familie entkam mit viel Glück). Er, der vor drei Jahren den Umzug nach Tenna wagte – mit 96 Jahren als der pflegende Angehörige seiner Frau Erica. Er, der trotz der zunehmenden Altersbeschwerden sich jeden Tag aufmachte um ein würdiges Leben zu leben.
Bis kurz vor seinem Tod hat er sich die Schuhe angezogen, meist am Nachmittag um der Abendsonne entgegen zu gehen, und sich aufgemacht in die Natur, mit Blick in seine geliebten Berge, Er hat seinen Rucksack bestückt mit Brett, Zeichenpapier, Kohle- und Bleistiften – und ging so mit kurzen, steten Schritten und langen Stöcken los, um Eindrücke einzusammeln und diese festzuhalten. Für seinen allerletzten Spaziergang wurde er von einer Tochter im Rollstuhl begleitet.
Er konnte es geniessen, ein paar Sonnenstrahlen auf der Haut und eine kühle Bise im Haar.
Er schätzte seine Freiheit über alles – und doch liess er sich in den letzten Jahren zunehmend im Alltag von den sorgenden Mitbewohnenden der Wohngemeinschaft unterstützen. Er kam sich manchmal gefangen vor – weil seine körperlichen Kräfte langsam sich zurück zogen und sein möglicher Aktionsradius nicht mehr der in die Weite schweifenden Vorstellungskraft entsprach.
Hier ein Artikel zu seinem Leben: Die lange Flucht des Gian Pedretti
Sein künstlerischer Nachlass wird vom Verein Carusell Gian Pedretti gepflegt und verwaltet: gianpedretti.ch
Gian hat noch vor einem Monat im Rahmen einer Ausstellung des Vereins Tenna Hospiz in der „Alten Sennerei“ in Tenna/GR mitgeholfen, die Werke zu platzieren und einzurichten. Drei seiner grossflächigen Bilder sind da bis zum 11. Oktober 2025 ausgestellt, zusammen auch mit Werken seiner Gattin Erica Pedretti (1930 – 2022). Krieg und Auferstehung im Tenna Hospiz